Urteil des Monats September 2019

Einsicht in Gehaltslisten

11.09.2019 | Unter dieser Rubrik möchte die Rechtsstelle der Geschäftsstelle Darmstadt regelmäßig auf aktuelle Entscheidungen hinweisen, die in der Geschäftsstelle erstritten worden sind oder von erheblicher Bedeutung sind.

Die Einsicht des Betriebsrates in die Brutto-Gehaltslisten ist in der Betriebsratspraxis regelmäßig ein Problem. Arbeitgeber versuchen mit vielfältigen Begründungen dies zu verhindern oder zu erschweren. In den letzten Jahren haben sich mehrere Landesarbeitsgerichte mit dieser Problematik auseinandergesetzt.

Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hat jetzt Klarheit geschaffen (BAG 07.05.2019, Aktenzeichen 1 ABR 53/17).

 Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat auf dessen Verlangen Einblick in die Brutto-Gehaltslisten mit Namensnennung gewähren (§ 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BetrVG). Anonymisierte Gehaltslisten reichen nicht aus. Datenschutzrechtliche Bedenken stehen dem Einsichtsrecht nicht entgegen. Einblick nimmt jeweils der Betriebsausschuss oder der Betriebsratsvorsitzende – so nun das BAG.

 Das Gewähren von Einblick in die personifizierten Gehaltslisten stellt eine Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne des Datenschutzrechts dar (Art. 4 Nr.1 und Nr.2 DSGVO). Das Beschäftigtendatenschutzrecht erlaubt allerdings eine solche Verarbeitung, wenn diese zur Ausübung der sich aus dem BetrVG ergebenden Rechte und Pflichten des Betriebsrats nötig ist (§ 26 Abs. 1 Satz 1 Alt. 4 BDSG). Dies ist im entschiedenen Fall gegeben, da der Betriebsrat ohne personifizierte Gehaltslisten seinen betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten nicht nachkommen kann. Daher ist die Weitergabe der Gehaltslisten datenschutzrechtlich auch zulässig (§ 80 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BetrVG).

Die Richter in Erfurt machten allerdings Einschränkungen: Der Arbeitgeber muss nur die Listen bereitstellen, die ihm auch vorliegen, neue erstellen muss er für den Betriebsrat nicht. Und Einblick nehmen darf nicht das gesamte Betriebsratsgremium, sondern der Betriebsausschuss oder – in Unternehmen ohne Betriebsausschuss – der Betriebsratsvorsitzende. Das muss der Betriebsrat beachten.

Diese Entscheidung ist erfreulich und stärkt die Rechte des Betriebsrates. Darüber hinaus zeigt diese Entscheidung auch, dass mit dem Argument des Datenschutzes eine Beschränkung der Rechte des Betriebsrates aus dem Betriebsverfassungsgesetz nicht möglich ist. Vor diesem Hintergrund hat diese Entscheidung noch weitreichendere Konsequenzen als „nur“ bezüglich des Einsichtsverlangens in die Brutto-Gehaltslisten.

BAG bestätigt Einsichtsrecht in Gehaltslisten

Von: ck

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